Irgendwas zwischen den Bruchhauser Steinen und dem Aachener Elisenbrunnen: Die Besteigung des Soufriere – Guadeloupe
14.12.2017, 19:30, La Marmite Kreyol, Anse de Nogent, Guadeloupe, N 16°21.293, W 061°44,140
In den Kommentaren gab es die Frage nach der Landkrankheit: Wie gewöhnt man sich an das Leben ohne Schaukeln? Also tagsüber ist es eigentlich OK. Aber als ich in der ersten Nacht im Dunkeln in Richtung Bad getappt bin, hatte ich schon den Eindruck, dass alles um mich herum noch schwankt. Und beim Zopfflechten am nächsten Morgen habe ich mich dabei ertappt, dass ich permanent in Bewegung war, um die nicht mehr vorhandenen Wellen auszugleichen. Man braucht schon ein paar Tage, um das wieder los zu werden…
Jetzt aber zu unserem Ausflug heute. Der zweite Versuch des frühen Aufbruchs war besser, wir waren schon um 8:20 Uhr im Auto. Die Küstenstrasse auf Basse Terre ist wesentlich kurvenreicher als auf dem anderen Insel-Teil. Vor allem das letzte Stück bis zum Start unserer Wanderung auf ca. 1000m hatte es echt in sich: Vor den schlimmsten Kurven habe ich freiwillig in den ersten Gang geschaltet, um hoch und rum zu kommen.
Gestartet wird an den gelben Bädern, einem warmen Becken mit Schwefel-Ablagerungen. Der Weg beginnt im Regenwald, tausend verschiedene Schattierungen von grün, Lianen, Epiphyten, Baumfarne, Philodendron – alles was das Biologenherz höher schlagen lässt. Später wird es dann etwas karger, mehr ein Buschland, der Pfad wird steiler, manchmal muss man ein wenig klettern. Zur Motivation gibt es Schautafeln mit Erklärungen, schöne Ausblicke und auch schon mal einen Kolibri (leider ohne Photo, ich war zu langsam). An manchen Stellen riecht es schwefelig wie am Aachener Elisenbrunnen. Noch weiter oben kommen die Wolken, es ist kühler (wie angenehm) und man muss auf den freien Blick für ein Photo warten. Die Spitzen der Berge (hier Pitons genannt), hüllen sich in Nebel-Schwaden wie die Bruchhauser Steine. Aber ganz oben kommt dann mit etwas Geduld die Sonne heraus und enthüllt den Teufels-Schlund, aus dem die Schwefel-Gase entströmen. Es wispert wie ein leichter Wind, aber aus der Tiefe der Erde – sehr berührend, bis das französische Männer-Pärchen neben mir auftaucht, die mich schon am Beginn des Aufstiegs genervt haben, weil einer von ihnen unbedingt telefonieren musste und der andere seinen nicht wirklich durchtrainierten Oberköper ohne verhüllendes Shirt zu Schau stellte. Jetzt hat mich das nervtötende Piepen bei jedem Photo in die Fluch geschlagen…
Auf dem Rückweg begegnete mir dann noch ein wunderschöner Krebs im kühlen Gebirgsbach, dann war ich schon wieder unten und konnte meine Füße im wohltemperierten Wasser des gelben Bades entspannen. Ein ganz besonderes Erlebnis![T]
>>“In ein Glas warmen Rhum, in das andere, das mit den Eiswürfeln, die kalte Cola“ so ihr Ratschlag, den sie aus einer Zeit hervorholte, die lange vor unserem ersten „Du“ zu Ende ging. „Und dann abwechselnd trinken“. Ich kann mich nur noch meine einzige Frage erinnern: „In welcher Frequenz?“ Dann wurde es Nacht um mich.<<
So fangen Bestseller an. Klasse, den Anfang habe ich schon. Alles weitere wird sich schon noch irgendwie ergeben. Aber wo? Würde eher eine dieser von Jetsettern heimgesuchte Insel in der deutschen Nordsee die Heimstadt meiner Karriere sein? Oder eine dieser spanischen, kanarischen Inseln wo die Immobilienpreise genau so explodieren wie in manchen Metropolen meiner kalten Heimat. Oder wird Guadeloupe, das französiche Überseedepartement Heimat des ewig nach Worten suchenden Literaten und genüsslichen Rhumtrinkers?
Huch, jetzt hat mich ein Kuss meiner Lieben in die Realität zurück geholt. Jawoll ich schreib ja noch vom tatsächlich Erlebten. Heute, morgen, gestern. Was wollt ihr wissen?
Bleiben wir im heute. Ich bin nicht den ganzen Weg mit hoch. Irgendwann, irgendwo oberhalb des Plateaus bin ich retour. Die Kamera durfte bei Tanja bleiben und ich habe mich langsam an den Abstieg gemacht. Vulkanologen und zwei kleine Vögel kreuzten meinen Weg, beide Arten waren wenig scheu sich beobachten zu lassen. Am Ausgangspunkt angekommen kam der Regen, der mich in einen Unterstand trieb wo ich dann auch sanft einschlummerte. War wohl doch zu früh heute morgen.
Vor der Heimfahrt sind wir noch durch Basse Terre geirrt. Etliche Schilder wollten uns den Weg zu Fort Delgrès weisen. Nur versperrten dann dicke Betonblockaden die Straße. Schließlich fand sich doch ein Weg, einer der sich gelohnt hat. Die sehr weitläufige Ruine der Festung aus dem 17. Jhd erinnerte an die Feste Ehrenbreitstein. Dicke, zum Teil eingefallene Mauern verherrlichten im Abendlicht die dunklen Zeiten, die diese Gemäuer erlebt haben, als Anfang des 18 Jhds Louis Delgrès und seine Gefährten den Anfang vom Ende ihres Kampfes um die Verhinderung der Wiedereinführung der Sklaverei durch Napoleon Bonaparte durch Flucht aus der Festung besiegelten. Sie hielten der Belagerung nicht stand, flüchteten in die Berge und fanden den Tod in der Explosion eines Magazins, den sie der Kapitulation vorzogen. Tja, auch so werden Helden geboren. Andere Helden haben ihr Grab in der Festung gefunden.
Die Kurverei des Rückweges wurde durch einen Halt am „Plage Malendure“ bei Point Noire unterbrochen. Habe meine Dosis „Göttin in der Abendsonne “ wieder mal in vollen Zügen genossen :-))
Abendessen tralala, Rhum mit Saft und Colala, morgen sind wir wieder da! [M]
Danke für die tollen Erzählungen!!! Gefühlt war ich beim lesen auch im Urlaub;)