Ian, Iwan und die Insel – Ein Tag auf Grenada, der Gewürzinsel
29.11.2017, 19:30, Mittwoch, Port Louis Marina, St. George, Grenada, 12°02.693 N, 61°44.899 W
Mein Morgen fing mit Weihnachtsliedern an, denen ich während der morgendlichen Dusche lauschen konnte. Eine Grenadinerin, die sauber machte, versüßte sich und mir die Zeit bis Weihnachten durch ihren Gesang und gute Laune. Caribbean Flair!
Um 10:00 Uhr begrüßte uns Ian, ein Brite, der seit 23 Jahren auf Grenada lebt. In hervorragendem Deutsch brachte er uns während der Tour hoch in den Norden „seiner“ Insel durch sehr persönliche Erzählungen und Anekdoten Geschichte, Schicksal und Lebensgewohnheiten dieses Teils des britischen Empire näher. Nach einem hin und her zwischen Franzosen und Briten behielten letztere die Oberhand bis sie Grenada 1973 in die Unabhängigkeit entließen. Nach politischen Querelen die 1983 nach Ermordung des Premiers Maurice Bishop mit, neutral ausgedrückt, der Intervention der Amerikaner endeten, wurde Grenada demokratisch regiert.
Sehr zu leiden hatte die Insel vor allem durch den Hurrikan Iwan, der 2005 die Insel verwüstete und einem 2., weiblich benannten Hurrikan, an dessen Namen wir uns alle nicht mehr erinnern. Gefolgt nach einigen Jahren von einer ungewöhnlichen langen Trockenperiode hatte dies erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation des Landes. War Grenada vor Ian der zweitgrößte Muskatnussexporteur, steht das Land nun noch an sechster Stelle. 85% der Bäume sind verloren gegangen. Zwei von drei Muskatfabriken mussten schließen. Erst langsam kommt die Vegetation, auch auf den Hügeln des Regenwaldes zurück. Diese Konsequenzen, so merkte man, gehen Ian sehr zu Herzen. [M]
Hach, das war fast wie früher auf einer geographische Exkursion: Ich konnte Ian alle Fragen stellen, wir haben die Abfall- und Abwasserversorgung der Insel diskutiert (Special Gruss an Gaby) und diverse Fabriken besichtigt. In der Kakao-Fabrik gab es am Ende eine Verkostung der 7 Schokoladen-Sorten und im Fabrik-Verkauf noch wahlweise heissen oder kalten Kakao, der nahrhaft und ungeheuer belebend war. Danach war jede Schläfrigkeit besiegt und ich konnte auch meinen Automitfahrmodus vermeiden und alle Eindrücke in mich aufnehmen.
Der absolute Höhepunkt für mich war die Rum-Fabrik mit Wasserrad-Antrieb: Große Zahnräder, alle Arbeitsschritte sichtbar und nachvollziehbar, ganz wenig Abfall, weil fast alles wiederverwendet wurde, viel Handarbeit und alte Technik. Das war wie Industriekultur im Ruhrgebiet aber noch in Benutzung. Auch dort gab es eine Verkostung am Ende und wir haben aus dem Shop eine Flasche mitgenommen. Die werden wir beim nächsten Whisky-Tasting einschmuggeln – Sorry, aber da müsst Ihr durch!
Jetzt sitzen wir frisch geduscht, ich im Hochzeitskleidchen in einem lokalen Restaurant auf der Terrasse und freuen uns auf 20 Gänge lokaler Speisen. Der Bericht darüber folgt dann morgen, weil ich bestimmt nach Bier und anderen alkoholischen Speisen nicht mehr schreiben kann…[T]
30.11.2017, 06:20 Uhr, Port Louis.
Ja, die Rumfabrik war ein echtes Highlight. Zwar wurden in der Muskatfabrik auch eifrig die Muskatnüsse nach Größen sortiert in Säcke verpackt, doch waren dort leider aufgrund der Anweisungen eines neuen Managers nicht mehr alle Arbeitsschritte einsehbar. Auch mussten z.B. im Moment keine Nüsse geknackt werden, so dass diese Maschinen nicht aktiv genutzt wurde. Ähnlich in der Kakaofabrik. Es lagen keine Bohnen auf den Gestellen in der Sonne zum Trocknem und auch wendeten die Frauen keine Bohnen durch langsames schlurfen über die Gestelle. Allerdings wurde riesige Mengen an Ingwer geschnitten. Die Kombination der Gerüche von frischem Ingwer und Schokolade war toll und machte Appetit auf die Verkostung.
In der Rumdestillerie waren dagegen Hochbetrieb. Zuckerrohr wurde in Bündeln gepresst, der Saft lief durch ein „Äquadukt“ und eine Rohrleitung in die Gärbottiche worunter das Feuer, angeheizt mit Becasse (ausgepressstes Zuckerrohr), qualmte. Am Ende stand dann die Verkostung, wo zwei Flaschen formvollendet durch Ian enthüllt wurden und er uns das, von ihm so genannte „Feuerwasser“ kredenzte. Die Touriversion des Rums ist, um einen Transport per Flugzeug zu er möglichen, bereits von 75 Vol% auf 69 Vol% Ethanol verdünnt. Dazu kamen dann noch zwei Rumpunsche mit je 16 Vol%. Aber warum sollten wir soviel Wasser und Guavensaft mit nach Hause schleppen?
Leider war es dann schon sehr spät und es wurde langsam schnell dunkel (geniale Formulierung, oder?). Für mich sogar noch schneller, da ich nur meine Sonnenbrille mithatte. Anfängerfehler! Ein letzter Blick in den Sonnenuntergang
und dann ging’s nach Verabschiedung von Ian vor dem Supermarkt, kurzem Einkauf und Frischmachen auf der Kiwi dann direkt zu Patrick’s zum 20 Gänge Menu. Aber davon will Tanja ja berichten. [M]
Wir beide sind heute etwas früher auf. Tanja, weil sie bei einigermaßen erträglichen Temperaturen noch einmal joggen wollte.Ich, weil wir in den nächsten Tagen auf unserem Rückweg in den Norden auf kleineren Inseln sein werden und vermutlich nur eingeschränkt ins Internet können, um im Blog zeitnah berichten zu können. [M]
Hallöchen,
wir sind wirklich alle sehr neidisch!! Genießt die Zeit:)
Grüße von allen 4 Pickers:)
Mmmm,
das hätte mir auch gefallen! Schaaaade!
Viel Genuss für Augen, Mund, Nase und Seele! Liebe Grüße
Dagmar
Super, wieder sehr schön geschrieben. Hier gibt es von einem früheren Törnteilnehmer einen kleinen Film über die Rumfabrik: https://www.youtube.com/watch?v=iPIl0O43TCM&list=LLcuAZktrkbFKSpqPXLO9fgw&index=4
Hallo ihr zwei,
mit einem Mal lesen kann man gar nicht alles erfassen und ich kann mich nur den Ausführungen von Christa anschließen,
es ist gut, dass Nichtsegler eine kleine Nachhilfe erhalten.
Weiter genießen wir, euch auf eurer Reise begleiten zu dürfen.
Liebe Grüße
Heinz und Rita
Hi,
das weibliche Gegenstück zu Iwan hieß übrigens Emily und war 2005.
Falls jemand Macis mal live sehen möchte, gibt es selbiges in Gewürzläden unter der Bezeichnung „Muskatblüte“. Der Geschmack ist nicht so intensiv wie der, der Nuss aber feiner, finde ich. 🙂
Übrigen hätte ich da noch einen Whisky, der ziemlich nach Rum schmeckt…… (:-))
Gruss
H.
Wieder super geschrieben, herzlichen Dank. Hier hat mal ein früherer Törnteilnehmer ein kleines, absolut sehenswertes Filmchen über die Rumfabrik gedreht: https://www.youtube.com/watch?v=iPIl0O43TCM&spfreload=1