Hier wollten wir zwar nicht hin, ist aber auch ganz schön
Maassluis, 26.08.2022, 17:00 Uhr
Das Glockenspiel der Groote Kerk hat auf der einzigen niederländischen Kirch-Insel stehend seit unserer Ankunft bereits zweimal innerhalb einer Stunde ein virtuoses „Happy Birthday“ gespielt. Unerwartet fällt das Geläut jetzt um 17 Uhr aber nur ganz kurz aus. Vermutlich sitzt die Glockenspielerin schon an der Geburtstagstafel und lässt es sich bei Kaffee und Kuchen gut gehen.
Maassluis stand nicht auf unserem Plan. Wir wollten nahe der Maasmündung in Hoek van Holland einen Stopp einlegen, um dann morgen weiter über die Nordsee in Richtung Süden zu fahren und durch den Roompot in die Oosterschelde rein. Dummerweise haben wir erst unterwegs – die CHRITA schaukelte auf und ab in den Wellen des nordwestlichen Windes – festgestellt, dass für die Recreatievaart im ‚Bergehaven‘ nahe Hoek van Holland kein Zugang ist. Weiter bis zur Oosterschelde wollten wir heute aber auch nicht. Es wäre wohl eine Schaukelfahrt gegen den Strom geworden. Also sind wir ca 8 nm ins Binnenland in Richtung Rotterdam auf dem ‚Nieuwe Waterweg‘ weitergefahren. Hindurch durch ein riesiges Sperrwerk, dass Rotterdam bei drohendem Hochwasser von der Nordsee abschotten kann. Wir begegneten riesigen Frachtschiffen, konnten aber ohne Probleme kurz vor der Fähre den Fahrwerk Richtung Maassluis queren. An musealen Schiffen vorbei und unter vier nur für uns geöffneten Brücken durch sind wir schließlich nach gut acht stündiger Fahrt in den ruhig gelegenen Hafen von Maassluis gelangt.
Der Brückenwärter radelte von Brückenhäuschen zu Brückenhäuschen um die Pforten für CHRITA und Crew zu öffnen. Im Hafen um die Ecke angekommen erwartete er uns bereits und half beim Anlegen. Sehr nett! Er erklärte uns die Gegebenheiten: die sanitären Anlagen sind in der Kirche (!), und wir plauderten dann ein wenig in deutsch/niederländischem Durcheinander. Witzig ist, das er Deutsch so lernt wie ich Niederländisch: Während ich von Tanjas Palimpalim Sprachkünsten mir ab und an was abhöre, profitiert er von seiner Tochter, die Deutsch in der Schule lernt. So füllt der stete Tropfen das Sprachhirn während wir es mit einem Anlegerschluck wieder auf ein niedrigeres Maß erodieren. Maar c’est la vida! [M]
Maassluis ist echt eine Entdeckung. Das Haus an der Kirche öffnet sich per Zauberhand, wenn davor auf dem Mobiltelefon eine Telefonnummer gewählt wird. Eine Kerze direkt hinter der Schüssel hilft beim Beten auf dem stillen Örtchen. Das Zentrum des Ortes liegt hinter einen dicken Deich an einer Gracht bestimmt zwei Meter tiefer als der Hafen. Diese Kanäle wurden ursprünglich für die Entwässerung gegraben. Bald war aber klar, dass darüber der frische Fisch viel schneller zum Delfter Markt gebracht werden konnte, und auch Passagiere profitierten vom Linienverkehr mit getreidelten Schaluppen. Wir haben bei einem Mojito in der Sonne die Atmosphäre genossen! [T]
Das Städtchen ist für mich der ‚Hidden Champion‘ dieser Reise. Unerwartet schön und interessant angelegt zieren Gäßchen und Grachten die Stadt um den mit Kneipen und Restaurants gesäumten Marktplatz. [M]
Die Toilette hätte ich gern benutzt! 🙂