Heimathafen

Auf der Autobahn bei Antwerpen, 31.08.2022 21:20 Uhr

Eine letzte Nacht an der Boje, ein letztes Morgenbad – eigentlich ist das Wetter noch viel zu gut, um nach Hause zu fahren. Aber was willste machen …

Taschen packen und Schaps auswaschen haben wir noch an unserer Boje erledigt, um dann gegen 11:30 Uhr zur letzten Wasser-Etappe aufzubrechen. Die Volkerak-Schleuse wird von einer hohen Brücke überspannt. Darum sind Sonnenplätze eher selten, aber wir hatten Glück und konnten eine nette Plauderei mit Nachbarn in der Sonne geniesssen. Die Anfahrt auf die allerletzte Schleuse in unserer Hafeneinfahrt haben wir für ein Abschiedsselfie genutzt.

Und dann das ganze Leergut und die schmutzigen Plünnen runter vom Schiff, und nochmal eben die verrosteten Unterlegscheiben an unserer Badeplattform ausgewechselt: Für mich zwei schöne Stunden mit dem Schraubenschlüssel in der leegeräumten Backskiste, während Michael auf der Leiter turnend die Schrauben von aussen gelöst hat. Mit der Nummer können wir auch als Schlangenmensch und Freeklimber im Zirkus auftreten.

Aber auch das geht vorüber, genau wie unsere drei Monate Reise: gut 1650 Seemeilen, etwas mehr unter Segel als unter Motor. 62 Mal irgendwo ankommen, an 59 verschiedenen Orten, weil wir drei Häfen doppelt besucht haben. 3×3 Nächte an einem Ort, 14×2 Nächte und die Kirmespause mit 7 Nächten – aber auch 62x losfahren ohne so richtig zu wissen, was uns auf dem Weg und am Ziel erwartet. Erstaunlicherweise nur 1x das Duschgel stehen lassen, dafür direkt im nächsten Hafen Ersatz gefunden. 5x Besuch mit Übernachtungen, 2x Besuch ’nur‘ zum Plaudern, unzählige Begegnungen mit Menschen aus vielen verschiedenen Ländern. Nichts wirklich Schlimmes passiert oder zerstört – das versegelte Porzellan, die Kratzer, und die Beinahe-Katastrophen zählen nicht – dafür einiges repariert. Beeindruckende Tiere: Haubentaucher, Seehunde, Kegelrobben, Trottellummen, Delphine, Bienen. viele viele Möwen und erstaunlich wenige Spinnen. Einfach eine unglaublich bereichernde Zeit!!!! [T]

Donnerstag, 01.09.2022, Aachen,

Alles hat ein Ende – aber dieses Mal haben wir beide es anders empfunden als nach unserer Reise vor acht Jahren. Damals war es eine Brücke zwischen unserem vorherigen Arbeitsleben und unserem Aufbruch in eine ’neue‘ Zeit, von der wir beide nicht wussten wie sie sich konkret darstellen wird. Klar, keiner weiß was die Zukunft bringt. Und so eine Reise von 3 Monaten öffnet immer auch die Augen und den Geist. Zeigt, was wichtig ist, zeigt, was in den Hintergrund treten kann. Die Zeit hilft Abstand zu gewinnen von Vertrautem. Gibt Anreiz offener für Alternativen zu sein. Weniger am Status Quo zu hängen. Zeigt wer oder was wichtig ist für das Wohlbefinden, zeigt auf was man gut verzichten kann, Das war vor acht Jahren so und ist auch heute so. Mehr als seinerzeit freue ich mich aber auch zurück zu kommen in ein gewohntes Umfeld. Vielleicht weil damals klar war, dass das „Gewohnte“ für uns nicht mehr sein würde, da wir beide gerade den Arbeitsplatz und das damit verbundene tägliche Umfeld aufgegeben hatten.

Die vergangenen drei Monate waren eine tolle Zeit. Sehr überwiegend passendes Wetter und somit auch gute Stimmung. Bewältigte Ängste und kritische Situationen und damit zahlreiche verbundene Erfolgserlebnisse. Ja, jedes heile Ankommen und Festmachen ist ein Erfolg und bringt Erleichterung mit sich. Aber der Weg und die Zeit zwischen Ab- und Anlegen gestaltet sich immer unterschiedlich. Jeder Aufbruch zum neuen Hafen ist mit dem Verlassen des doch eigentlich (da isses nochmal) doch auch ganz schönen aktuellen Hafens und seiner Umgebung verbunden. Ein Leben draussen, in der Sonne, nahe an der Natur. Geräusche, Gerüche, Farben und Lichtspiele, so völlig anders als wir es in der Stadt erleben können. Das Prasseln des Regens auf die Kleidung, die Macht des Windes spüren wenn er das Boot anschiebt. Oder wenn der Wind fehlt die Möglichkeit den Motor zu nutzen um dem Schlagen der Segel in der Flaute zu entkommen. All diese Eindrücke bleiben uns. Uns beruhigt die Aussicht jederzeit wieder los zu können, wenn wir denn wollen und die Gesundheit es zulässt. Wir haben nun unser eigenes Boot, unseren Platz Abstand zu gewinnen oder einfach nur die Seele baumeln zu lassen. Sei es für drei Monate oder auch nur für drei Tage.

Gestern Abend war es bereits 23 Uhr, als wir hier angekommen sind. Keine Muße mehr zum Niederschreiben des Erlebten oder gar weitergehender Gedanken. Auto auspacken und eine erste Maschine mit Wäsche auf den Weg bringen. Duschen und ab in die Falle. Weitere Nachbereitung wird heute und in den nächsten Tage erfolgen. Platz im Schrank finden für die Klamotten, die aus den Taschen kommen. Einkaufen, um den heimischen Kühlschrank wieder zu füllen. Fotos sichern und aufbereiten. Vor allem aber, wieder in das ’normale‘ Leben einfinden. Ein erster Lichtblick war das Willkommen, das unsere „Blumensitter“ uns bereitet hatten. Weitere werden das Treffen mit Freunden und Familie sein.

Zuletzt noch vielen Dank an alle, die uns auf unserer Reise durch Lesen, Kommentieren, Mitreisen oder gute Wünsche begleitet haben. Das war uns Ansporn und Motivation unser Tagebuch aktuell zu halten und mit Erlebnissen füllen.[M]

Nachtrag Donnerstag Morgen: Arbeiten ist eigentlich doof, aber bei so einem netten Empfang doch ok.

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10 Antworten

  1. Melina sagt:

    Ne war das schön!! Ich lese diesen Blogeintrag etwas verspätet, aber genau das ist ein schöner Gedankenausflug an die tolle Reise mit euch.

    Roberto hat recht, schreibt ein Buch. Ich bin mir sicher, dass viele Leute von euren Einträgen profitieren… Das wird ein Bestseller!!!

  2. Roberto sagt:

    Buchprojekt:

    Arbeitstitel: „TaMi auf Reise“

    Bisher „erschienen“ 7 Bände – weitere folgen!

    Denkt echt mal drüber nach, Eure 7 Blogs ein bisschen überarbeiten und ab in die Öffentlichkeit, könnten Bestseller werden.

    Alles ohne Lektoren, einfach raus wie et is.

    Hab da bekannterweise ne gute und günstige Druckerei, die TOP Qualität liefert.

    Nice to have you back – Tot ziens – Hasta luego – vi ses snart – ciao – Roberto

  3. Claudia sagt:

    Hallo ihr beiden! Welcome home!
    Auch von mir ein herzliches Dankeschön an Euch, Eure Gastfreundschaft an Bord und Eure toll zu lesenden Abenteuer. Die kleinen und die großen.
    Jetzt hoffe ich mal, dass wir auch die deutlich kürzere Anfahrt zu euch schaffen und uns bald wiedersehen.
    So long
    Claudia

  4. Christa sagt:

    Schade,
    aber alles hat ein Ende.
    Es war wunderschön mit euch. Ich habe eure Berichte und Fotos genossen. Einige Male war ich aber doch sehr froh, dass ihr Glück hattet und die brenzligen Situationen erfolgreich gemeistert habt.
    Nun wünsche ich euch ein gutes Wiedereinleben in der Heimat und dass ihr noch lange etwas von der Muße und Entspannung in euren Alltag mitnehmen könnt!
    Ich freue mich aufs Wiedersehen!
    Ganz liebe Grüße

  5. Peter sagt:

    Vielen Dank !! Danke für`s Mitnehmen, sowohl virtuell als auch direkt an Bord. Eure letzten Zeilen haben mich sehr bewegt, dieses ständige „Losfahren“ und irgndwo wieder „Ankommen“, ein schönes Bild, was das Leben auch wiederspiegeln kann. Als grosser „Schisser“ vor dem Abenteuer Segeln habt ihr mir gezeigt, wie schön es sein kann, sich einfach mal von Wind und Wetter treiben zu lassen. Ein Erlebnis, was ich wohl nie wieder vergessen werde, ebenso die grosse Ehre, Euer Boot steuern zu dürfen. Ahoi, Mast- und Schotbruch und auf ein Neues irgendwann.
    Peter

  6. Monia sagt:

    Es war so schön Euch auf Eurer Reise zu begleiten! Sowohl als ich selbst vor Ort war, als auch indem ich euren Blog verfolgt habe. Vielen Dank! Den letzten Bericht zu lesen tut auch mir etwas weh und zaubert mit ein, zwei Tränchen, aber auch ein Lächeln ins Gesicht. Der Lichtblick sowohl für Euch, als auch für uns als Leser: das war mit Sicherheit nicht eure letzte Reise und so können wir uns bestimmt auf neue Berichterstattungen in der Zukunft freuen!

  7. Christoph sagt:

    ach…. Ihr solltet ein Buch schreiben…
    WIllkommen zurück!
    ChHristoph

  8. Ute Yaman sagt:

    Vielen Dank das wir ein bisschen mitreisen durften. Willkommen zurück und gutes wiedereinleben!

  9. Heinz und Rita Vielberg sagt:

    Auch von uns ein herzlich Willkommen zurück, auch wir werden den morgendlichen Genuss des Lesens eurer vielen herrlichen Erlebnisse vermissen.
    Liebe Grüße und einen guten Start in den Alltag wünschen euch
    O. Heinz und T. Rita

  10. Caro sagt:

    Willkommen zurück und vielen Dank für die tollen Eindrücken, die ihr mit uns geteilt habt. Hat echt Spaß gemacht, dass mitzuverfolgen 🙂

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