Fall kommt von Fallen – oder auch nicht – von Grenada nach Petit St. Vincent

30.11.2017, 21:45, Donnerstag, Petit San Vincent, N 12°32.003, W 061°22.982

Ja, ich bin gestern tatsächlich nach nur 5 Stunden Schlaf vom Wecker aus dem Schlaf gerissen worden. Gestern Abend haben wir noch ein weinig gezockt (Exploding Kitten, ein nettes Spiel für Katzen-Liebhaber) und ich wollte auf jeden Fall einen Blick auf die Altstadt der Inselhauptstadt werfen. Die ist recht überschaubar und hat ein paar nette Gebäude, viele davon allerdings ohne Dach oder mit fehlenden Gebäudeteilen. Ob das noch Reste vom letzten Hurrikan sind oder normale Verfallserscheinungen ist mir nicht bekannt.
Wir hatten gestern von Ian gelernt, dass Männer und Frauen eher getrennt voneinander leben und jeder seine eigenen klassischen Arbeiten und Freizeitbeschäftigungen hat. Wenn man das im Kopf hat, dann fällt es auch auf der Straße auf, dass selten gemischt-geschlechtliche Paar oder Gruppen unterwegs sind. Schön ist, dass fast alle nett grüßen und mit der Nachhilfe in Grenadinisch – das ist eine Sonderform des Englischen mit etwas anderer Grammatik und vielen Verkürzungen – konnte ich auch einige der Grüße verstehen. Ich fand es sehr interessant, dass Ian auch einiges von den Lebensgewohnheiten geschildert hat. Neben der klassischen Vater-Mutter-Kind(er) Familien gibt es auch viele Alleinerziehende (Mütter und Väter) und als karibische Sonderform den besuchenden Vater: Der hat mehrere Kinder bei verschiedenen Frauen bzw. die Frauen mehrere Kinder von verschiedenen Männern und kommt halt ab und zu vorbei. Wenn man jemanden fragt, wie viele Geschwister er hat, dann ist die nächste Frage in der Regel, ob auch vom gleichen Vater. Das ist für ein so katholisches Land wie Grenada schon erstaunlich, aber es scheint hier gut zu funktionieren und von beiden Geschlechtern gewünscht zu sein.
Das Abendmenü war sehr auserlesen: Fast alle Gänge kamen als ein Teller an den Tisch, der dann zwischen allen geteilt wurde. Dazu gab es Musik aus den 80gern bei denen alle außer dem Skipper als Spät-Geborenen glasige Augen ob der Erinnerung bekamen.
Ich kann noch so ausführlich von gestern berichten, weil ich dann heute die Fahrt ziemlich verschlafen habe. Jetzt liegen wir vor Anker an einem romantischen Strand, waren schon schwimmen und hatten leckere Cocktails und Pizza zum Abendbrot. [T].
01.12.2017, 08:00, Freitag, in der Bucht vor Petit San Vincent, N 12°32.003, W 061°22.982
Während Tanja den Törn von Grenada hierüber verschlafen hat, hatten wir, naja mehr FLo, mit dem Segel zu kämpfen. Die Leine mit der das Segel am Mast nach oben gezogen wird heißt „Fall“. Ich dachte immer, dass der Name daher kommt, das wenn man die Leine loslässt, das Segel sofort nach unten fällt, weil es ja oben keinen Halt mehr hat. Das wurde mir als einer der Vorteile gegenüber einem Rollsegel herausgestellt, das in den Mast eingerollt wird und sich dabei verklemmen könnte. Soweit die Erklärung vorweg. Als wir aus dem Windschatten von Grenada heraus waren, hatte ich die Fock (das Vorsegel) schon gesetzt, während Flo sich um Pfannekuchen als kleinen Vormittagssnack kümmerte. Er kam kurz auf die Brücke, sah sich erst um, sah dann mich an und wir stimmten überein das Großsegel setzen zu wollen. „Machen wir das eben, dann können wir essen.“ Tja, aus dem mal eben machen, wurde dann eine ein bis zwei Stunden dauernde Bastelei. Denn das Fall hatte sich im Laufe der Nacht durch den ständigen Wind vertörnt (verdreht) und klemmte sich beim Hochziehen des Segels in der oben am Mast befestigten Umlenkrolle ein. Folge: das Segel ging weder weiter hoch, noch fiel es runter. War also nix mit Fall lösen und Segel unten. Flo kletterte dann am Mast hoch und zog oben am Segel, während ich unten am Großfall rappelte und Angela am Ende versuchte den Törn etwas zu vermindern. Schließlich kam das Segel runter und ich habe gelernt wie man den Törn aus einer Leine wieder herausbekommt. Einfach die Leine über Bord werfen (natürlich nur ein Ende, das andere sollte am Boot festgemacht sein, sonst ist die Leine weg). Dabei darauf achten dass die Schraube nicht dreht, also der Motor im Leerlauf ist. Sonst könnte sich die Leine um die Schraube wickeln und man hat den Salat. Das Prozedere machten wir mehrfach: Segel soweit möglich wieder hoch, Leine über Bord, dann wieder runter, usw., usw.
Am Ende war alles gut und wir umrundeten die Nordspitze von Cariacou und liefen auf die Bucht von Petit St. Vincent zu.
Mehr Boote als erwartet lagen hier schon vor Anker und wir kurvten ein wenig um einen guten Platz zum Ankern zu finden. Wichtig vor allem: der Anker muss halten, also sich in den Boden eingraben. Und das geht am besten auf sandigem Grund. Mit sinkender Sonne und steigender Laune (lag das an den Cocktails oder am Wein?) ließen wir uns bis spät in den Abend Pizza und Spiele gefallen. [M]

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