Rückblick auf Winterlager und Arbeiten am Boot
Nach sechs Monaten auf Land, aufgebockt und nur mittels Traktor zu bewegen, ist unser Boot nun wieder im Wasser.
Arbeitsreiche Wochen liegen hinter uns. Bereits Ende Oktober hatten wir mit den Vorbereitungen begonnen, um Rumpf, Deck und Cockpit in der Werft mit einem neuen Anstrich und Topdek, einem Kunststoffimitat, das wie Holz anmutet, versehen zu lassen.
Ähnlich wie beim Anstreichen einer Wohnung musste alles abgebaut werden, was den Profis das schnelle und saubere Arbeiten schwer macht. Angefangen beim Lösen der Kabelverbindungen zu Licht und Funk im Mast, was notwendig ist um ihn später komplett abzunehmen, damit das Schiff in eine Halle passt, bis zum Abmontieren der vielen Klampen, Schrauben, Sitzbänke, Lukendeckel, der Relingsdrähte und -stützen und den elektronischen Anzeigeinstrumenten. Auch den Bugkorb haben wir abgebaut, da im Laufe der Zeit einige Risse im Vordeck entstanden waren, die repariert werden mussten. Bis auf den Heckkorb, den wir leider nicht abbauen konnten, da die Muttern der Schrauben unter Deck nur sehr schwer bis nicht zugänglich waren, war den Winter über alles abmontiert, was im Wege war. Ein völlig neues Laufgefühl! Keine Ecken und Kanten an denen ich mir die Zehen stoßen oder stolpern konnte. Aber kein Segelschiff mehr. Nur noch eine Hülle, der nun wirklich deutlich anzusehen war, dass sie renovierungsbedürftig ist.
Diese Abbauarbeiten hatten wir im November letzten Jahres abgeschlossen und es ging, für uns, in die Winterpause. Währenddessen begann die Arbeit in der Werft. Der alte Lack wurde abgeschliffen von Deck und Rumpf. Verrottetes Holz, das eigentlich in Lukendeckeln für Stabilität sorgen sollte, wurde aus diesen entfernt, durch neues ersetzt und mit Glasfasermatten neu einlaminiert. Insbesondere im Vorschiff bei der Klappe zum Ankerkasten führte dies zu deutlich mehr Stabilität und somit mehr Bewegungsraum.
Immer mal wieder bekamen wir von der Werft eine Update zum Status der Arbeiten. Hier fertig geschliffen, dort eine Luke laminiert. So richtig spanend wurde es für uns aber, als es dann dazu kam, dass das Deck mit dem Kunststoffbelag beklebt werden sollte. Wir hatten noch einige Hin- und Her-Überlegungen, was denn das richtige Maß sei. Nur auf dem Laufdeck? Oder besser auch auf dem Deck über dem Salon und auf dem Süllrand. Am Ende war uns die Komplettlösung aber zu viel des Guten. Es fiel der der Satz „das sieht dann wie eine Arche aus“ – danach war klar, Topdeck auf dem Laufdeck ist unsere Wahl!
Anfang März ist Michael dann das erste Mal wieder nach Dintelmond gefahren, um den Stand der Dinge zu begutachten und um ausstehende Anschaffungen und Arbeiten zu besprechen. „Face2Face“ Meeting nennt man das wohl auch. Wir waren beide der Meinung, dass die Fahrt, trotz der kurz zuvor stark gestiegenen Kosten für Diesel, sein musste. Hatten wir doch gelernt, dass durch ein persönliches Gespräch Interesse am Ausgang eines Projektes nachdrücklicher gezeigt werden kann, als durch Telefonate oder einfache Textnachrichten. Zwei Stunden Fahrt hin, zwei Stunden vor Ort und dann wieder zwei Stunden zurück. Aber es war die Mühe Wert.
Einer der wichtigsten zu klärenden Punkte war die Beschaffung von zwei neuen Luken. Eine auf dem Vorschiff, und eine von der Achterkajüte hin zum Cockpit. Erstere war undicht und hatte uns (und diverse unserer MitseglerInnnen) schon viel Arbeit gemacht (bei der wir allerdings auch viel gelernt haben.) Das Alter der Luke und bedingt durch einen kleinen Unfall im letzten Jahr, bei der das Plexiglas der Luke gerissen ist, hatten uns schließlich zur Neubeschaffung bewogen. Die Maße des Lukenausschnitts kenne ich mittlerweile auswendig. Nee, was war das für ein Theater Ersatz zu bekommen! Natürlich haben sich in den letzten Jahren die Bauformen und Maße der Luken geändert. Und was auf dem Papier bei dem einen Hersteller passend aussieht, ist es dann noch lange nicht. Erst hatte die Werft eine zu kleine, dann wir eine zu große Luke bestellt. Andere Hersteller hatten Lieferzeiten bis in den August hinein (was so gar nicht zu unserer Planung passte). Schließlich und endlich wurde dann eine Luke eingebaut und an den bestehenden Rahmen durch zusätzliches Holz eingepasst.
Notiz 1: Auch Profis bauen Decksluken nicht auf Anhieb wasserdicht ein. Der erste Gewitterguss bahnte sich seinen Weg auf die Matratze. Zum Glück waren wir noch im Hafen der Werft und so wurde das Problem direkt am nächsten Tag behoben!
Notiz 2: Auch Profis haben ihre liebe Mühe und Not auf alten Booten neue Teile einzubauen!
Denn die Luke zum Cockpit konnten wir nur etwas größer als die alte bekommen. Tja, nur leider ist sie nun nicht mehr komplett zu öffnen, weil die Steuersäule, an der das Ruder befestigt ist, im Wege ist. Nicht tragisch, eigentlich, da kein Fluchtweg. Doch tragisch, denn zum Einbau muss die Luke komplett offen sein, um Schrauben zu setzen. Ist die Luke dann aber fest, geht sie nicht mehr zu! Doch mit vielTüftelei und Erfahrung haben die Profis von der Werft auch diese Herausforderung (oder war es ein Problem?) gemeistert.
Allerdings waren dies schon die letzten Arbeiten, etwa Mitte Mai 2022. Beim erwähnten Gewitter war das Booot schon wieder im Wasser. Einer der Namensgeber der CHRIta war mit mir gefahren, um beim Mastsetzen und einigen letzten Arbeiten zu tatkräftig und moralisch zu unterstützen.
Zuvor haben Tanja und ich bereits einige Wochenenden von März bis Mai mit diversen Montage und Klebearbeiten in Noord-Brabant zugebracht. Immer unterstützt durch die Mitarbeiter der Werft, die uns Zugang zur Halle und darüber hinaus auch zu ihrer Werkstatt gewährt haben. Das war wirklich eine große Hilfe. Denn eine Standbohrmaschine, umfangreiches Schraubenlager und Schleifhexe fehlen bei uns im Keller noch. Auch Tipps und Tricks zum richtigen und sauberen Umgang mit Baukleber zum Einkleben unserer alten, frisch gereinigten Fensterscheiben gab es. Manchmal ist es doch gut, sich nicht alles anlesen oder bei YouTube anschauen zu müssen.
Und wir haben Arbeiten erledigt, die vor denen wir richtig Respekt hatten. Schaffen wir es, unsere Badeplattform mittig und auf der richtigen Höhe am Heck des Schiffen anzubringen? Bohren wir die erforderlichen Löcher auch an der richtigen Stelle durch den neuen Anstrich ins Heck? Wie bekommen wir die mitgelieferte Konterplatte montiert? (Hinweis: ging nur nach Durchflexen). Funktioniert die Ankerwinsch und Beleuchtung am Bugkorb auch nachdem wir die Kabel wieder angeschlossen haben? Oder blitzt und funkt es? Funktioniert das Funkgerät nach dem Anlöten der Stecker auch wieder? Ja! Es funkt(ioniert)!
Soll ich noch von den diversen Schrauben berichten, die beim Eindrehen abgebrochen sind und die wir dann ausbohren – oder anderweitig versorgen – durften? Ich glaube, das hebe ich mir für schöne laue Sommerabende auf, an denen wir mit unseren Gästen das frisch renovierte Segelschiff genießen werden. Das wird dann der Preis sein, den Besucher zahlen müssen. Tanja und ich haben soviel über die letzten Monate und die Bastelarbeiten zu erzählen! Wir (naja, meißtens hat sich Tanja gefaltet) sind nämlich zwischenzeitlich in deutlich mehr Ecken und Winkeln am Boot rumgekrochen sind als je zuvor. Viele Schrauben kennen wir mit Vornamen und stellen sie natürlich gerne unseren Besuchern vor!
Am schönsten ist aber, dass der Wind wieder so angezeigt wird, dass er uns diesen Sommer in Richtung neue Erfahrungen und Begegungen führen wird. [M]
Ahoi und juten Morgähn, nu geht dat also tatsächlich los nach all den Vorarbeiten und Vorbereitungen. Dann auf in eine gute und schöne Zeit, habt einen sicheren Törn und wer weiß, vielleicht komm ich mal an Bord um mich dann wieder irgendwo im nirgendwo von euch rausschmeißen zu lassen. Jetzt 3 x lang, immer die berühmte handdingsbums Wasser an der richtigen Stelle, ach ja, ab und an auf den fliessenden Schiffsverkehr achten. Ciao, adios, hasta pronto, Roberto